Was könnte ein Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit St. Gallen und der dortigen FHS zu tun haben? Beim gefundenen Aufsatz ist es ein Innovationsgedanke, der längst nicht mehr neu ist, aber derzeit auf einer neuen Entwicklungsstufe in St. Gallen gepusht wird: Die Idee, Hilfeansprüche im Alter auf der Basis eines Zeitkontos anzusparen. Das St. Galler Modell nennt sich „Zeitvorsorge“ und ist derzeit in der Schweiz in aller Munde. Es reiht sich ein in eine lange Liste ähnlicher Versuche, die gerade auch in den beiden Nachbarländern bereits einige Tradition haben, seien es die vorarlbergischen „Tauschbörsen“, seien es die baden-württembergischen „Seniorengenossenschaften“.
Sehr viele der praktischen und wissenschaftlichen Fragen rund um „Zeittausch“ und „Zeitguthaben“ hat – am Beispiel der letztgenannten – CCG-Leiter Prof. Dr. Ulrich Otto bereits seit Anfang der 1990er-Jahre intensiv untersucht, 1995 erschien dazu sein Buch „Seniorengenossenschaften – Modell für eine neue Wohlfahrtspolitik“. Deshalb lässt die FAZ auch ihn, der heute in St. Gallen arbeitet, zu Wort kommen. Schade freilich, dass das St. Galler „Zeitvorsorge“-Modell dort nicht genauer diskutiert wird. Es wird nämlich ausgesprochen spannend, seine Einführung genau zu beobachten: Viel mehr als in Deutschland ist im St. Galler Modell das Merkmal einer finanzmathematischen realen Besicherung ausgeprägt, mithin die Idee einer tatsächlichen Anspar- und Kontenlogik. Demgegenüber laufen Ottos Analysen vielfach eher darauf hinaus, dass der Motivations- und Anerkennungscharakter der Zeitgutschriften oft im Verlauf der Jahre viel wichtiger wurde als die Garantie- und Sicherheitsfunktion zeitüberdauernder 1:1-Rückerstattung. Jedenfalls in den süddeutschen Modellen. Der Vergleich wird also spannend!