Im Januar startet der neu konzipierte Zertifikatslehrgang CAS Brennpunkt Kindesschutz, eine Kooperation zwischen der FHS St.Gallen und dem Kinderschutzzentrum St.Gallen. Claudia Hengstler, Lehrgangsleiterin, nimmt Stellung zur Relevanz der Thematik, zum Lehrgangsinhalt und erläutert, wer von diesem Wissen für den Berufsalltag profitieren kann.
Esther Federspiel: Warum wurde ein Zertifikatslehrgang zum Thema Brennpunkt Kindesschutz ins Leben gerufen?
Claudia Hengstler: Das Thema Kindesmisshandlung betrifft in verschiedenen Dimensionen unsere ganze Gesellschaft. Mit Blick auf die Nachhaltigkeit ginge es im grösseren Kontext darum, die Lebensbedingungen gefährdeter Mädchen, Jungen und deren Familien zu verbessern. Werden misshandelte Kinder und Jugendliche nicht adäquat betreut, sind hohe gesellschaftliche Folgekosten zu erwarten.
Gleichzeitig zeigt die Erfahrung, dass Fachpersonen überfordert sein können, wenn sie mit Kindesmisshandlung konfrontiert werden. Verunsicherung und Angst stehen dabei im Zentrum und können zu vorschnellen Entscheidungen und unkoordiniertem Vorgehen führen. Hier setzt der Zertifikatslehrgang Brennpunkt Kindesschutz an. Fachpersonen sollen in allen Fällen von Gewalt befähigt werden angemessen zu reagieren, mit Blick auf den langfristigen Schutz von Kindern und Jugendlichen.
Esther Federspiel: Was lernen die Teilnehmenden konkret für Ihren Berufsalltag?
Claudia Hengstler: Die Teilnehmenden erlangen oder vertiefen Kompetenzen zu systemischen Ansätzen und Handlungsstrategien bei Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Sie bekommen ein besseres Verständnis für die besondere Dynamik und die Auswirkungen von Gewalt. Gleichzeitig werden sie befähigt, hinzuschauen, um Bedingungen, die das Kindeswohl gefährden, zu erkennen. Die Teilnehmenden profitieren vom ExpertenInnenwissen unterschiedlicher Disziplinen. Dieses Wissen hilft in konkreten Situationen im Rahmen des eigenen Auftrages, Verantwortung wahrzunehmen, Möglichkeiten zu nutzen, Grenzen zu achten und ein möglichst koordiniertes Vorgehen sicher zu stellen.
Esther Federspiel: Für wen lohnt sich die Teilnahme am Zertifikatslehrgang?
Claudia Hengstler: Für alle, die im beruflichen Kontext mit Kindern und Jugendlichen im Kontakt sind, mit Eltern und Familien arbeiten und sich eine fachlich differenzierte Perspektivenerweiterung zur Problematik sowie mehr Sicherheit im Handeln – Prävention und Intervention – wünschen. Aber auch für Fachpersonen, die mit Eltern arbeiten, bei denen davon ausgegangen werden muss, dass sie ihre Erziehungsaufgaben aufgrund individueller Belastungen unzureichend wahrnehmen können. Für Fachpersonen, welche im Kanton St.Gallen arbeiten, werden vergünstigte Konditionen angeboten.
Esther Federspiel: Was ist ein Zertifikatslehrgang? Können Teilnehmende daneben weiterarbeiten?
Claudia Hengstler: Ein CAS bietet die Möglichkeit, sich berufsbegleitend eine Zusatzqualifikation anzueignen und sich in einem Themengebiet zu vertiefen. Im Rahmen der Intervision profitieren die Teilnehmenden von der Möglichkeit, eigene Fallbeispiele einzubringen und im interdisziplinären Setting zu bearbeiten. Der unmittelbare Transfer in die Praxis ermöglicht, dass Gelerntes auch im Handeln verankert bleibt. Interessierte haben die Möglichkeit, Themenschwerpunkte auszuwählen und im Rahmen von einzelnen Module zu besuchen. Für den erfolgreichen Besuch des gesamten Lehrgangs werden 11 ECTS-Punkte vergeben. Das European Credit Transfer and Accumulation System (ECTS) soll sicherstellen, dass die Leistungen von Studenten an Hochschulen vergleichbar und grenzüberschreitend anrechenbar sind.