Wir hängen draussen mal chillend ab – Das Wesen der Jugend im Öffentlichen Raum

„Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte.
Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süssspeisen,
legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.“

(Sokrates)

 – Einblick und Empfehlung zum Stadtrundgang „Jugendliche im Öffentlichen Raum“ –

Altes Zitat, aktuelle Thematik: Es kann wild, ungestüm, laut, frivol, Müll verursachend, Ärgernis erregend daherkommen, das Wesen der Jugend. Es kann zart, verletzlich, suchend, desorientiert, entrückt, weltfremd, charmant, offen, clever, unkompliziert sein, das Wesen der Jugend. Egal auf welche Art und Weise die Jugend daherkommt, sie will v.a. eines: ernst genommen werden. Der Mahnfinger der Erwachsenen bewirkt nichts bei den jungen Menschen, so wird während der Führung erklärt.

Die abendliche Führung vom 29. August 2013  durch die Innenstadt von St.Gallen, organisiert durch das Jugendsekretariat der Stadt St.Gallen, fand zum dritten Mal statt. Eine weitere Führung wird am 2. Oktober 2013 durchgeführt. Kommendes Jahr sind weitere Führungen geplant, die Daten stehen noch nicht fest.

Um Jugendliche mit all ihren Dynamiken erfassen zu können, sei dies mit ihren ganz persönlichen Themen und Anliegen oder physisch, im Sinne davon, wo sie sich im öffentlichen Raum aufhalten, braucht es für die Sozialarbeitenden in der Offenen Jugendarbeit ein enorm breites Fachwissen, auf Berufserfahrung basierende Intuition, Sensibilität und Mut. „Beziehungsarbeit“ ist „Vertrauensarbeit“ – nur das regelmässige und respektvolle Zugehen auf die jungen Menschen ermöglicht den Sozialarbeitenden, Beziehungen zu schaffen und zu ergründen, was die aktuellen Themen der Jugendlichen sind.

Jugendliche im Öffentlichen Raum fordern nicht nur Sozialarbeitende, sondern Gesellschaft, Politik, Behörden, Raumplanung. Konflikte sind hierbei nicht zu vermeiden: „Der von Erwachsenen für Erwachsene geplante und gestaltete, von Erwachsenen wahrgenommene, genutzte und reglementierte Raum wird von Jugendlichen nach eigenen Bedürfnissen angeeignet, anders als von Erwachsenen vorgesehen.“ (Kemper, Friedrich, Muri, Slukan in Jugend-Raum, Aneignung öffentlicher Räume durch Jugendliche, 2012).

Junge Menschen legen geschickte und kreative Methoden an den Tag – und in die Nacht – wenn es darum geht, sich zu erfahren, auszudrücken, zu experimentieren. Das sollen sie dürfen und ist im Ablösungsprozess von zu Hause und der Kindheit ein wichtiger Schritt zur Persönlichkeitsentwicklung, Identitätsfindung und dem Erfahren der eigenen, selbstständigen Handlungsfähigkeit. Die Raumaneignungsprozesse als Teil der Sozialisation von Jugendlichen wandeln sich fortlaufend. Diese Dynamiken erfordern Beteiligungsprozesse, in welchen die Potentiale der Jugendliche miteingebunden werden: „Ihre Beteiligung trägt dazu bei, dass sie als Nutzer der öffentlichen Räume mehr Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem öffentlichen Raum zeigen, wenn sie diesen selber mitgestalten und aufwerten können.“ (Kemper et al., 2012). Die Bedürfnisse und Interessen aller Akteursgruppen  können mittels solcher Prozesse erfasst und ausgehandelt werden.

„Jugendliche bringen neue, innovative Ideen in Planungsprozesse ein und leisten als Experten ihrer Lebenswelt einen wertvollen Beitrag zur Qualität öffentlicher Räume.“
(Kemper et al. 2012)