Im interdisziplinären Schwerpunktprogramm (IdS) «Klima + Energie» der OST wird die interdisziplinäre Zusammenarbeit in den kommenden Jahren gefördert. In einem ersten Workshop trafen sich rund 50 Expert:innen im Architekturforum St.Gallen am 12. Januar 2024 zum Fokusthema «Folgen des Klimawandels und Sozialer Zusammenhalt / Ökosoziale Innovationen». Dieses ist eins von sechs Fokusthemen, die in einem iterativen Prozess ausgearbeitet wurden. Neun interdisziplinäre Teams präsentierten am Workshop ihre Projektideen und diskutierten diese mit den anderen Teilnehmenden. Raimund Kemper und Denis Wizke vom IFSAR brachten im Projekt Sustain.Street.Lab die sozialräumliche Perspektive in das Team mit Beteiligung von IDEE, ILF, ISM, IRAP, OZG.
Das Projekt zielt darauf ab, das grosse Potenzial von Strassenräumen zur Gestaltung des Klimawandels in Städten zu nutzen. Das interdisziplinäre Sustain.Street.Lab Projekt überzeugte die Programmleitung und ist eines von zwei Teams, das eingeladen wurde, die Projektidee in einem Vorprojekt zu konkretisieren. Anfang 2025 wird ein Expert:innengremium über die Vergabe der Fördermittel zur Bearbeitung der Hauptprojekte entscheiden.
Das Projekt Sustain.Street.Lab misst Städten und Gemeinden eine wichtige Rolle zur Bewältigung der Klimakrise zu. In urbanen Strassenräumen zeigen sich die umfassenden Herausforderungen zur effektiven Gestaltung des Klimawandels in Städten. Strassenräume im Sinne des Projektverständnisses umfassen Fuss- und Velowege sowie Plätze als öffentliche Räume, für alle und jederzeit zugänglich. Über ihre Materialisierung und ihre Verkehrsnutzung an Sommertagen werden durch die Hitzentwicklung (zunehmende Tage mit extremer Hitze und Hitzeinseln in Städten) die problematischen Folgen des Klimawandels besonders spürbar. Betroffen sind insbesondere vulnerable Gruppen, die auf öffentliche Räume angewiesen sind. Gleichermassen bieten Strassenräume mit rund einem Drittel der Siedlungsfläche ein quantitativ grosses Potenzial den Klimawandel ganzheitlich und sozial nachhaltig zu gestalten. In Strassenräumen können mit Massnahmen wie grosse schattenspendende Bäume, vielfältige Grünflächen und Gewässerelemente die Biodiversität und das lokale Klima und zugleich das gesundheitliche und das gesellschaftliche Wohlbefinden aller Menschen gefördert werden. Denn Strassenräume als öffentliche Räume haben für die Menschen über die Mobilität hinaus eine grosse Bedeutung als Orte des Treffens und Verweilens, des Alltagssports, der gesellschaftlichen Aktivitäten und des Spiels sowie der erlebnisreichen Naturerfahrung in der Stadt. Die Art und Weise, wie Strassenräume geplant, gestaltet und entwickelt werden, wird diesen Herausforderungen nicht gerecht. Gefordert sind ganzheitliche Ansätze einer integralen, adaptiven, kollaborativen und verschiedene Interessengruppen adressierenden Stadtplanung.
Sustain.Street.Lab setzt den Ansatz Naturbasierter Lösungen (NBS) als Katalysator angewandter sozio-ökologischer Innovation für die nachhaltige Gestaltung des Klimawandels in Strassenräumen in das Projektzentrum. Dies um Resilienz, Biodiversität, Klimaneutralität, Gesundheit und soziales Wohlbefinden zu fördern. Dahinter steht die Idee, die Erreichbarkeit von Alltagsorten und -infrastrukturen mit der Förderung von Biodiversität, Aufenthaltsqualität und Belebung von Strassen und Wegen als multifunktionale erlebnisreiche Orte zu verknüpfen. Beispiele sind grüne Parklets auf Parkplätzen, naturnahe und erlebnisreiche Gestaltung von Strassenräumen mit schattigen Bäumen, und Oasen der Naherholung auf Restflächen in Kreuzungsbereichen. Experimentelles und kollaboratives Kernstück von Sustain.Street.Lab sind Transferlabore in den teilnehmenden Partnergemeinden. Die Transferlabore zielen auf die Identifikation von Flaschenhälsen und Erfolgsfaktoren für die Anwendung von urbanen NBS im Strassenraum. Unterstützt durch digitale und geobasierte Tools werden mit verschiedenen Interessenvertretungen und partizipativen Methoden NBS-Bausteine jenseits linearer und fragmentierter Planungsansätze getestet und entwickelt, Synergien und Interessenkonflikte erfasst und Wirkungen evaluiert. Aus den gewonnenen Erkenntnissen werden – ganz im Sinne sozial-ökologsicher Innovation – integrale, adaptive und performative Steuerungsansätze für die nachhaltige Gestaltung des Klimawandels in Strassenräumen mit NBS herausdestilliert. Diese werden für die Akteur:innen der Stadtplanung in der Wissensplattform Sustain.Street digital Hub mit passgenauen Werkzeugen und Umsetzungsempfehlungen als skalierbare Ergebnisse für Städte und Gemeinden zur Verfügung gestellt.