Gut betreut bis zum Lebensende

Evaluation des Pilotbetriebs Hospiz Graubünden

«Ja, also die haben sich für alle Probleme Zeit genommen. Den Rollstuhl einstellen, verbessern, usw. Man hat sie jeden Tag angezogen, die Terrasse war schön. Sie war dort gut aufgehoben.“

Nach einer mehrjährigen Pilotphase wird das Hospiz Graubünden ab 1.1.2023 als wichtiger Pfeiler der Palliativen Versorgung im Kanton Graubünden etabliert.

Das Hospiz bietet 4-6 Betten für Menschen mit unheilbaren Krankheiten, die nicht mehr weiter zuhause gepflegt werden können. Das Hospiz bietet eine achtsame und würdevolle Umgebung und intensive Betreuung im Sterbeprozess und entlastet die Akutspitäler.

Ein interdisziplinäres Projektteam der Institute für Soziale Arbeit und Räume (IFSAR) sowie für Angewandte Pflegewissenschaften (IPW) begleitete die Pilotphase 2019-2021 mittels einer Evaluation. Die Ergebnisse bildeten eine wesentliche Grundlage für den Entscheid zur Weiterführung des Hospizbetriebs und für die laufende Qualitätssicherung.

Fragestellungen

Wichtige Fragestellungen bezogen sich auf den Bedarf, bzw. die Auslastung, die Bedeutung für die Bewohnenden und ihre Angehörigen sowie für zuweisende Stellen und die Umsetzbarkeit des Pflege- und Betriebskonzepts.

Methodik

Die Evaluation kombinierte quantitative und qualitative Methoden, um den verschiedenen Fragestellungen zu entsprechen. Zentral waren Befragungen der unterschiedlichen Stakeholder: Nahe Angehörige (semistrukturierte Telefoninterviews), Personal und Führungspersonen (je eine jährliche Gruppenbefragung) sowie Zuweisende (Telefoninterviews). Aus Gründen der Zumutbarkeit und praktischen Umsetzung konnten Bewohnende selbst nicht befragt werden. Ihre Positionen wurden über die Perspektiven der übrigen Stakeholder und mittels qualitativen Auswertungen von Pflegedokumentationen rekonstruiert. Die Belegung und soziodemografische Zusammensetzung der Bewohnenden wurde quartalsweise aufgrund der Ein- und Austrittsstatistik erhoben. Aufgrund der synthetisierten Ergebnisse konnten Stärken und Entwicklungsbedarfe des Hospizbetriebes aufgezeigt und Empfehlungen formuliert werden.

Ergebnisse

Die Belegungsdaten bestätigen den Bedarf für ein Hospiz und zeigen, dass es sich zunehmend im Kanton etablieren konnte. Die Auslastung betrug im Jahr 2021 über 92%. Die geografische Herkunft hat sich deutlich verbreitert. So kamen auch Personen aus weiter entlegenen Tälern nach Maienfeld ins Hospiz. Die höchste Zuweisungsquote erreichte die Palliativstation des Kantonsspitals (85%). Insgesamt wurden pro Jahr 30 Personen aus Spitälern aufgenommen, die dadurch deutlich entlastet wurden.

Aus Sicht der befragten Personen, ob Zuweisenden, Angehörigen oder Personal, gab es in den meisten Situationen kein alternatives Angebot in der Region. Der Bedarf der spezialisierten Palliative Care zeigt sich nicht nur in den Angehörigeninterviews, sondern vor allem auch in den Pflegedokumentationen. Darin werden die Behandlungskomplexität sowie die betreuungsintensiven Bedürfnisse der Bewohnenden deutlich, die eine hohe Fachlichkeit und weitere Ressourcen erfordern. In Alters- oder Pflegeheimen könnten solche komplexen Pflegesituationen nicht vergleichbar bewältigt werden. Auch die häusliche Pflege käme sehr stark an Grenzen. Wie das Eingangszitat zeigt, betonten die befragten Angehörigen, wie wichtig und entlastend es für sie war, ihre Liebsten in guter Betreuung zu wissen.

Das erweiterte Angebot und die hohe Fachkompetenz des Personals ermöglichen eine stark auf individuelle Wünsche und Bedürfnisse ausgerichtete Pflege. „Der Facharzt kommt extra hierher. Er hat seinen Zeitrahmen, wo er nicht stressen muss, wo er nicht abgelenkt ist. Schon dort hat man Ruhe. Und mit den Therapeuten, das ist auch alles neu für uns. Mit der Klangtherapeutin, da kann man Fragen stellen und sie erzählt einem…Das ist auch neu für mich gewesen mit den Visiten.“

Folgerungen

Das Hospiz hat sich bereits gut etabliert und geniesst viel Vertrauen. Es könnte in der Öffentlichkeit und bei potentiellen Zuweisenden noch bekannter werden und als Alternative in gewissen Fällen einen Spitaleintritt vermeiden helfen und noch mehr Angehörige entlasten. Bereits heute ermöglicht es jährlich über dreissig Menschen ein würdevolles Sterben.