Gibt es ganzheitlicheres Ambient Assisted Living?

Was ist genauer mit Ambient Assisted Living gemeint? AAL umfasst Methoden, Konzepte, (elektronische) Systeme, Produkte sowie Dienstleistungen, welche das alltägliche Leben älterer Menschen situationsabhängig und unaufdringlich unterstützen. Nach unserem Verständnis sind die verwendeten Techniken und Technologien nutzerInnenzentriert. Sie sind auf den Menschen ausgerichtet und integrieren sich in dessen direktes Lebensumfeld. Die Technik passt sich folgerichtig an die Bedürfnisse der NutzerInnen an und nicht umgekehrt. Um Kontextinformationen zu teilen, können Technologien im AAL-Umfeld sinnvollerweise modular und vernetzbar aufgebaut sein, um ein pseudointelligentes Verhalten aufzuweisen. Diese Eigenschaft ist jedoch nicht zwingend erforderlich.

 Die Gruppe der Anwender solcher Technik ist sehr heterogen. Sie umfasst sowohl gesunde und aktive Ältere, die hauptsächlich Lifestyle-Funktionen zur Steigerung der Lebensqualität verwenden, bis hin zu multimorbiden Menschen, denen ein längeres selbstständiges Leben im häuslichen Umfeld ermöglicht werden soll. Hierbei beschränkt sich die Unterstützung nicht nur auf die direkt Betroffenen, sondern bezieht explizit Pflegepersonal, Ärzte und Familienmitglieder beispielsweise durch erweiterte Kommunikationsmöglichkeiten und erleichterte soziale Interaktion mit ein.

Wer nur nach dem expliziten AAL-Label sucht, übersieht allzu leicht, an wie vielen einschlägigen Themen die FHS St. Gallen mit fundierten F+E-Beiträgen beteiligt ist. Sie nutzt dabei aktiv die Möglichkeiten interdisziplinärer Zusammenarbeit. Drei Hinweise stehen stellvertretend für eine ganze Reihe weiterer Links zwischen AAL und FHSG:

  • Eine ganze Reihe abgeschlossener und laufender Projektbefassen sich mit Möglichkeiten des autonomen Lebens Älterer aus unterschiedlichen Perspektiven. Egal, ob es dabei um professionelle soziale oder Pflege-Unterstützung, um soziale Netzwerke oder um das gebaute Umfeld – Wohnen und Quartier: Indem in diesen Projekten eine systematische Perspektive auf das möglichst gute Zurechtkommen in selbstgewählter Umgebung verfolgt wird, ergibt sich ein starkes Kompetenzfeld, an das mit „technischem AAL“ hervorragend angedockt werden kann. Wie anschlussfähig dieses Fundament, das nicht zuletzt Prof. Dr. Reto Eugster und Kollegen gelegt haben, wurde etwa auf der Soziotechtagung der FHSG im November ’08 deutlich. 
  • Dr. Urs Guggenbühl (Leiter des IZSG) ist Mitglied bzw. Vertreter des BBT der Content Group des EU-AAL-Programms. Diese Gruppe formuliert jedes Jahr einen neuen, europaweiten Call für AAL-Projekte. Am IZSG beschäftigen sich weitere Mitarbeiter mit AAL-Fragen, u.a. Beda Meienberger. Dr. Edith Meier (FHSG und FH Vorarlberg) hat ein vor kurzem abgeschlossenes EU-Projekt geleitet, in dem ein Lichtassistenzsystem für ältere Menschen entwickelt wurde.
  • Prof. Dr. Ulrich Otto, der Leiter des Kompetenzzentrums Generationen (CCG), sondiert derzeit international orientierte Projekte der besseren sozialen Einbettung von AAL. Es geht um Projekte, die geeignet sein könnten, dem Technikoptimismus mancher AAL-Protagonisten mit einer spezifisch sozialgerontologischen (tw. sozialarbeiterischen, tw. pflegewissenschaftlichen) Perspektive mehr Passförmigkeit zur Lebenswelt und den Wünschen der Älteren und ihrer Netzwerkpersonen zu verleihen. Für U. Otto ist klar, dass wirksame und nachhaltige AAL-Aktivitäten untrennbar mit einer Generationenperspektive verknüpft sind. Wie und wo Techniken eingesetzt wird, wie kompetent mit ihnen umgegangen wird, wie sie akzeptiert werden usw. – all dies ist tiefgreifend mit biografischen Erfahrungen verbunden, ausserdem mit Kohorten-, Alters- und Zeitgeisteffekten. Und: Je frühzeitiger etwa Technikeinsatz und -akzeptanz biografisch beginnen, umso besser können Sie mit den Wünschen und Möglichkeiten auch älter werdender Menschen in Einklang gebracht werden.
  • Chancenreich könnte es für all diese Aktivitäten an der FHS sein, dass ganz aktuell e-society als neues interdisziplinäres Leuchtturmthema entwickelt wird.