Gelungenes Pilotprojekt «Fachstelle Soziale Teilhabe im hohen Alter Appenzell»

Sind Selbstbestimmung und soziale Teilhabe mit dem Einzug in ein Heim vorbei? Dies ist die Befürchtung vieler älterer Menschen, die noch in einem eigenen Haushalt leben. Nicht so in Appenzell, denn dort hat sich mit dem innovativen dreijährigen Pilotprojekt die Fachstelle Soziale Teilhabe im Alter etabliert.

Seit der gemeinsamen Initiierung durch die Pro Senectute Appenzell Innerrhoden, dem Gesundheits- und Sozialdepartement Appenzell Innerrhoden und der Carl Sutter-Stiftung im Jahr 2021 hat die Fachstelle unter der Leitung von Andrea Herger eine Vielzahl von Aktivitäten und Angeboten aufgebaut. Dies mit dem Ziel, die Selbstbestimmung und soziale Teilhabe der Bewohnerinnen und Bewohner des Alters- und Pflegezentrums Appenzell, des Bürgerheims Appenzell und des Alterszentrums Gontenbad zu erhalten und zu fördern. Das Pilotprojekt wurde von der OST – Ostschweizer Fachhochschule im Rahmen eines Evaluationsprozesses begleitet, indem die Fachstellenleiterin, die Heimleitungen, das Personal und die Bewohnerinnen und Bewohner regelmässig befragt und die Ergebnisse in einem Schlussbericht aufbereitet wurden.

Ein Blick auf die Ergebnisse zeigt, dass die Fachstelle in enger Zusammenarbeit mit den Heimen und externen Partnern zahlreiche Aktivitäten lanciert hat, darunter ein Transportangebot, Bewohnerratssitzungen, Begleitung zu kirchlichen Anlässen und die Erfüllung individueller Wünsche der Bewohnerinnen und Bewohner. Besonders hervorzuheben ist die „Mektiglosi» (Appenzellerisch von «Mektig»= Mittwoch und «Losi»= Gelegenheit zum Hören, geselliger Anlass). Sie trägt zur Erweiterung der Teilhabemöglichkeiten bei, indem die Bewohnerinnen und Bewohner mit dem PublicCar selbständig oder in Begleitung ins Dorf gelangen und ihren gewohnten Aktivitäten nachgehen können. Auf diese Weise werden neue Möglichkeiten der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben eröffnet und die Autonomie der Einzelnen gestärkt. Auf die strukturellen Herausforderungen im Heimbetrieb reagierte die Fachstelle mit gezielten Weiterbildungen für Mitarbeitende und Freiwillige. Dadurch wurde ein Bewusstsein für die Bedeutung von Selbstbestimmung und Partizipation geschaffen, das zu spürbaren Veränderungen im Heimalltag geführt hat. Als wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Fachstelle erwies sich die Offenheit und Veränderungsbereitschaft der beteiligten Heime.

In der Pilotphase wurden die Fachstelle auch mit strukturellen und organisatorischen Rahmenbedingungen sowie individuellen Herausforderungen der Bewohnerinnen und Bewohner konfrontiert, welche die Selbstbestimmungs- und Teilhabemöglichkeiten einschränkten und mit den vorhandenen Ressourcen nicht behoben werden konnten. Die Fachstelle Soziale Teilhabe hat nicht nur die Lebensqualität der Heimbewohnenden verbessert, sondern auch zur sozialen Vernetzung verschiedener Institutionen, zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit und zur gesellschaftlichen Teilhabe in Appenzell beigetragen.

Das Pilotprojekt zeigt, dass der Einzug in eine stationäre Einrichtung nicht das Ende, sondern der Beginn einer neuen Lebensphase sein kann, in der Selbstbestimmung, Teilhabe und Gemeinschaft weiterhin dazugehören. Umso erfreulicher ist es, dass die Empfehlung der OST umgesetzt wird und die Fachstelle Soziale Teilhabe der Pro Senectute angegliedert, weitergeführt und ausgebaut wird. Sie ist nun für alle älteren Einwohnerinnen und Einwohner im Kanton zuständig, nicht nur diejenigen in den Heimen.