Das soziale Wesen versus Homo oeconomicus – eine Zerreissprobe

„Prozessoptimiertes Arbeiten“ wird der Umgang mit finanziell, zeitlich und personell knappen Ressourcen oftmals genannt. In der Realität der Betroffenen hört man diese Bezeichnung kaum. Hier spricht man vielmehr von Burn-out, Rationalisierung, zunehmend schlechteren Arbeitsbedingungen, Arbeitslosigkeit, Spardruck, Working Poor, Demotivation. Das Wohl vieler Menschen leidet unter „Prozessoptimierungen“.

Der Publikumsanlass vom 5. März 2013 „Pflege und Ökonomie – ein Widerspruch?“ ging dieser Thematik im Bereich des Gesundheitswesens nach. Patientenwohl versus Wirtschaftlichkeit. An diesem Abend der diskutierten Widersprüche wird konstatiert, dass die vorliegenden Studien zum erwähnten Thema lückenhaft sind. Wie misst man Zufriedenheit? Wie drückt man zufriedene, sich gut aufgehobene und vom Fachpersonal ernst genommene Patienten in Zahlen aus? Hierbei wird die enorme Wichtigkeit von „sozialen Lebenswelten“ betont und die damit einhergehende Notwendigkeit von qualitativer Forschung. „Lebenswelten ‚von innen heraus‘ aus der Sicht der handelnden Menschen zu beschreiben, soll zu einem besseren Verständnis sozialer Wirklichkeit(en) beitragen und auf Abläufe, Deutungsmuster und Strukturmerkmale aufmerksam machen.“ (Flick, Kardoff & Steinek (Hrsg.). (2000). Qualitative Forschung: ein Handbuch. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt).

Viele Überlegungen lassen sich auf andere Fach- und Lebensbereiche übertragen, wie auf die Soziale Arbeit. Soziale Wirklichkeiten ernst zu nehmen ist nicht nur im Gesundheitswesen dringend notwendig, sondern in allen Wirkungsbereichen des sozialen Wesens  bzw. des agierenden Homo oeconomicus.

 

Ein Gedanke zu „Das soziale Wesen versus Homo oeconomicus – eine Zerreissprobe

  1. Martin Mueller

    Der homo oeconomicus wird ja in der Wirtschaftslehre als ein Wesen verstanden, das alles für seinen eigenen Nutzen optimiert. Das wäre dann nicht einmal ein Widerspruch zum zufriedenen Patienten. Dass der Mensch als homo oeconomicus funktioniert ist zwar auch in der Ökonomie längst umstritten. Er ist ja u.a. auch oft ein homo patiens (also einer, der geduldig erträgt) 🙂

Die Kommentare sind geschlossen.