Die Betreuung und Pflege von älteren Menschen durch Angehörige hat nicht nur gesellschaftlich eine grosse Bedeutung. Sie wird von vielen Angehörigen auch als sinnhaft, bereichernd und als Chance für die eigene persönliche Entwicklung erlebt.
Rund 64 Millionen Stunden werden von Angehörigen in der häuslichen Pflege und Betreuung jährlich geleistet. Würden sie dafür bezahlt, müsste unsere Gesellschaft 3.5 Milliarden Franken aufbringen. Das unterstreicht die enorme gesellschaftliche Leistung, die Angehörige täglich erbringen. Dass es dabei auch Schattenseiten gibt und die emotionale und physische Belastung für manche zu gross werden kann, darüber wird seit einiger Zeit intensiv geforscht und in Medien berichtet. Es zeigt sich das Bild komplexer Situationen mit vielen Einflussfaktoren im Bereich der Persönlichkeiten, der familiären Beziehungen, des Umfeldes und der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.
Dies spricht für interdisziplinäre Ansätze in der Forschung und Entwicklung unterstützender Strategien. Deshalb arbeiteten im Projekt „Unterstützung pflegender Angehöriger“ Fachexperten der FHS St.Gallen aus den Bereichen Soziale Arbeit, Pflegewissenschaft, Gerontologie sowie Modellbildung und Simulation über zwei Jahre intensiv zusammen. Nun liegen die Ergebnisse vor. Im Projekt wurden kausale Zusammenhänge zwischen den genannten Einflussfaktoren modelliert, und zwar in Zusammenarbeit mit Echogruppen in Chur, Schaffhausen und St.Gallen und begleitet von einer Interviewreihe mit pflegenden und betreuenden Angehörigen älterer Menschen.
Nicht zuletzt in diesen Interviews wurde bestätigt, dass ein überwiegender Teil der Befragten ihre Aufgabe eigenständig, mit punktueller oder regelmässiger Unterstützung professioneller oder ehrenamtlicher Dienste meistert. Viele erleben, dass die Bewältigung der immer wieder auftretenden Herausforderungen ihren Sinn für Wesentliches schärft, ihre Kreativität für neue Lösungen fördert. „Es ist einfach das Leben. Es stärkt…“ Andere können in lange belastenden Beziehungen Frieden finden: „Ich bin total froh, wenn wir die alten Belastungen nicht noch mitnehmen, sondern wirklich am Schluss noch so ein bisschen zusammen gefunden haben.“
Dass dennoch einige Angehörige Unterstützung brauchen, ist unbestritten. Im Projekt gelang es aufzuzeigen, wie vorgeschlagene Massnahmen in unterschiedlichen Situationen wirken. So konnten Eckpunkte und Prioritäten für zukünftige kommunale und regionale Strategien formuliert werden.
Das Projekt wurde im Rahmen des Programms „BREF-Soziale Innovation“ von swissuniversities und der Gebert Rüf Stiftung gefördert. Die Ergebnisse finden sich auf der Projektseite.
Martin Müller