AAL-Forschungsverbund: FHS St.Gallen und süddeutsche Hochschulen

Assistive Systeme und Technologien zur Sicherung sozialer Beziehungen und Teilhabe für Menschen mit Hilfebedarf – ein sperriger Titel für ein umso dynamischeres innovatives binationales Verbundprojekt. Die HS Furtwangen war erfolgreich mit dem von ihr geführten interdisziplinären Konsortium mehrerer Hochschulen, das das ambitionierte Projekt mehrerer vernetzter Teile in einem „ZAFH-AAL“ umsetzen will. „ZAFH“ steht dabei für das baden-württembergische Drittmittel- und Strukturbildungsprogramm „Zentrum für angewandte Forschung an Hochschulen“, mit dem leistungsfähige und sichtbare Themencluster vernetzter Konsortien in Baden-Württemberg aufgebaut werden sollen – in der aktuellen Förderrunde wurden gegen starke Konkurrenzanträge nur zwei Konsortien bewilligt. Die FHS St. Gallen ist – mit dem ihrerseits interdisziplinären ExpertInnen-Tandem Prof. Dr. Ulrich Otto (CCG-FHS) sowie Dr. Edith Maier (IPM-FHS) – massgeblich an der Antragsausarbeitung und Konzeption beteiligt gewesen. Das ZAFH-AAL hat im November 2012 seine Arbeit aufgenommen.

Die Ausgangslage: In dem ZAFH-AAL sollen innovative Assistive Systeme und Technologien zur Sicherung sozialer Beziehungen und Teilhabe für Menschen mit Hilfebedarf entwickelt werden.. Diese Ansätze werden mit Blick auf die demografische Entwicklung und aufgrund des Bedürfnisses einer immer größer werdenden Gruppe hochbetagter BürgerInnen, möglichst lang autark im gewohnten Wohnumfeld zu leben, dringed benötigt. Die erforderlichen Systeme und Technologien werden in einem interdisziplinärem Verbund unter enger Einbindung gerontologischer und sozialwissenschaftlicher Aspekte entwickelt.

Interdisziplinärer Ansatz: Bisher vorgestellte Ansätze im Bereich AAL werden derzeit als Technik getrieben wahrgenommen. Häufig stoßen solche Entwicklungen dann in der realen Lebenswelt älterer Menschen und betreuender Personen auf starke Vorbehalte. Solche Akzeptanzprobleme entstehen, wenn nicht im gesamten Entwicklungsprozess gerontologische und sozialwissenschaftlichen Aspekte berücksichtigt werden, bzw. sogar im Vordergrund stehen. Die für den ZAFH-Ansatz entscheidende enge Verflechtung zwischen technisch-informationstechnischen und sozial-wissenschaftlich-gerontologischen Kompetenzen (die sich über einen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs wechselseitig beeinflussen), wird in drei unterschiedlichen Formen realisiert:

  • alle Projekte zur konkreten Umsetzung von AAL werden in allen Phasen, also auch bereits in der Spezifikation, gerontologisch und sozialwissenschaftlich begleitet und insbesondere an einem evaluierten realen Bedarf gespiegelt.
  • Exemplarisch werden in zwei Projekten  die potenziellen Lösungsansätze durch eine vorgeschaltete sozialwissenschaftlich und gerontologisch begründete Konzeptionsphase ermittelt
  • Durch eigene Forschung, Publikationen, Symposien und Workshops (intern und extern) zu diesem Themenfeld erfolgt ein Hineinwirken in den gesellschaftlichen und sozial- und gesellschaftswissenschaftlichen Diskurs außerhalb des ZAFH-AAL.

Das ZAFH-AAL bearbeitet zwei Handlungsfelder:

  • Handlungsfeld 1: Bedürfnisanalyse, Trends und Visionen des AAL incl. volks- und betriebswirtschaftlicher, ethischer und rechtlicher Randbedingungen
  • Handlungsfeld 2: Neue Assistive Systeme und deren sozialgerontologische Bewertung bei der Erprobung

Die fünf technischen Projekte adressieren die Verbesserung der Sinneswahrnehmung und Unterstützungstechniken für ein längeres selbstbestimmtes Leben im eigenen Umfeld. Zwei Projekte erforschen dabei auch die Möglichkeit der verbesserten Teilhabe und Teilgabe älterer Menschen am gesellschaftlichen Leben mit Hilfe (statt trotz) digitaler Medien und Dienstleistungen. Hier stehen Kommunikation (inklusive der besonderen Semantik für die Schnittstelle System-älterer Mensch), soziale Begegnung und Information sowie Erhalt und Aktivierung von kognitiven Fähigkeiten im Vordergrund.

Eine besonderen Bedeutung kommt im neuen ZAFH-AAL den Schnittstellen zwischen verschiedenen Lebensabschnitten zu: So ist es wünschenswert, ältere Menschen bereits weit im Vorfeld einer stärker werdenden Behinderung oder Einschränkung an assistive Systeme heran zu führen und intrinsische Akzeptanz und Kompetenz in der Nutzung auch in einem späteren Lebensabschnitt durch Erfolgs- und Nutzenerfahrungen zu erreichen. Die Schnittstellen zwischen – bezogen auf die Hilfsbedürftigkeit – verschiedenen Lebens- und Pflegephasen werden in ihren sozialwissenschaftlichen und gerontologischen Dimensionen untersucht und analysiert. Beispielhaft werden assistive Entwicklungen über verschiedene Lebensphasen („Wohn- und Pflegesettings“) evaluiert.

Das ZAFH-AAL ist ein hochschul- und fachübergreifendes Zentrum, an dem im Kern die Hochschulen Furtwangen und Ravensburg-Weingarten beteiligt sind und an dem ProfessorInnen aus den Ingenieurswissenschaften, der Informatik, der Medizintechnik, des Sozialwesens, der Gerontologie und der Pflege gemeinsam Projekte bearbeiten. Hinzu kommen mit der Universität Freiburg/Br., der Katholichen Fachhochschule Freiburg/Br. sowie der FHS St. Gallen (CH) hervorragend ausgewiesene weitere Partner aus dem Hochschul- und Universitätsbereich, die in wichtigen Teilaspekten mit ihren spezifischen Kompetenzen das Zentrum unterstützen und zugleich eine internationale Folgeperspektive des ZAFH-AAL garantieren.